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Erste Hilfe in der Krise

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Seelische Gesundheit

Am Krankenhaus der Bamherzigen Schwestern Ried ist die psychische Gesundheit ein zentrales Zukunftsthema. Kolleg*innen unterstützen einander in Ausnahmesituationen.

Von Susanne Danninger

Als leitende Physiotherapeutin am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried ist Caroline Baier „oft mit psychisch belastenden Situationen konfrontiert“. Also entschied sie sich für die Ausbildung zum Peer. Laut Mag.a Isolde Hayder, Arbeits- und Organisationspsychologin des Spitals, sind das „speziell geschulte Laienhelfer*innen für Kolleg*innen in Krisen- oder psychischen Ausnahmesituationen“. Vor drei Jahren schlug sie das Konzept erstmalig vor mit dem Ziel, auf jeder Station mindestens einen Peer einzuschulen.

Hilfe zur Selbsthilfe im Alltag

Angestrebt ist ein flächendeckendes Angebot an Erstversorgung in Notsituationen. Seit 2023 finden unter Hayders Leitung Schulungen statt. Aktuell sind bereits an die 50 Peers im Einsatz. Baiers Ausbildung dauerte vier Stunden und fand innerhalb der regulären Arbeitszeit statt. „Das hält die Hemmschwelle für Mitarbeitende niedrig“, erinnert sich die Physiothe- rapeutin. Wie Hilfe zur Selbsthilfe im Spitalsalltag aussieht, zeigt ein Beispiel aus der Schulung. Eine Pflegeschülerin wurde von ihrer Vorgesetzten angewiesen, eine ältere Dame beim Abendessen zu unterstützen. Aufgrund einer Schluckstörung gelangte das Essen leider in die Luftröhre der Frau. Sie musste für längere Zeit intensivpflichtig betreut werden. Die Schülerin litt danach unter starken Schuldgefühlen. Ein Peer erkennt diese an der sogenannten Belastungsreaktion: Anzeichen innerer Angst, Hilflosigkeit oder sozialer Rückzug. Auch körperliche Reaktionen sind üblich, wie Schwitzen, Erröten des Gesichts, Zittern, hektische Bewegungen und starkes Weinen. Laut Hayder treten die Merkmale unabhängig von Geschlecht, Alter und Ausbildungsgrad auf.

Handeln statt Hilflosigkeit

Bei der Schulung bekommen Peers die notwendigen Unterstützungswerkzeuge an die Hand, um Kolleg*innen in Ausnahmesituationen zurück in die Handlungsfähigkeit zu leiten.

Im Gespräch mit Betroffenen halten sich Peers an einen Leitfaden mit drei einfachen Fragen: Was ist passiert? Welche Gefühle treten auf? Und wie geht es weiter? Sie begleiten ein Stück des Weges und vermitteln anschließend an professionelle Beratungs- stellen. „Raus aus der Hilflosigkeit und rein ins Handeln“, bringt es Hayder auf den Punkt.

Einladung zum Insider-Gespräch

Der große Vorteil dieses Peer-Systems: „Wir wissen voneinander, was die gängigen Probleme in der Abteilung sind“, erklärt Baier. „Und können uns daher besser in die Lage Betroffener versetzen.“ Das niederschwellige Angebot, an einen Peer heranzutreten, fordern Mitarbeitende selbst ein. Bei Bedarf kann auch der Peer proaktiv ein Gespräch anbieten. Betroffene entscheiden, ob sie die Einladung annehmen. Auch nach einer Absage bleibt das Angebot bestehen.

Insgesamt ist das Peer-System Teil eines großen Projekts mit dem Titel „Machen wir psychische Gesundheit zum Thema. Gemeinsam.“ 2024 wurde es mit dem „HRbert“-Preis in der Kategorie Nachhaltigkeit ausgezeichnet.

Die Vision: Bis 2030 soll eine Atmosphäre entstehen, in der offen über psychische Gesundheit gesprochen wird. Ihre aktive Förderung steht im Mittelpunkt zahlreicher Maßnahmen. Neben dem Peer-Projekt wurde auch ein Aktionstag für psychische Gesundheit ins Leben gerufen. Und die „Hilfe für die Psyche“. Hier können sich Mitarbeitende im Falle psychischer Störungen an externe Psychotherapeut*innen wenden.

„Das Feedback der Kolleg*innen ist sehr positiv“, freut sich Hayder. Das Angebot werde gerne angenommen. Demnächst starten Reflexionsschulungen. „Hier teilen die Peers ihre Erfahrungen.“

Headerbild: Barmherzige Schwestern Krankenhaus Ried

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