Der Wiedereinstieg in den Sport nach der Winterpause sollte nach Plan erfolgen. Tipps eines Sportwissenschaftlers für den Erfolgsstart.
Von Heike Kossdorff
Bei schlechter Witterung mit Kälte, Eis und Schnee verbrachten viele Freizeitsportler innen ihre Zeit lieber in warmen Innenräumen, faul auf dem Sofa statt aktiv beim Laufen, Wandern oder Radeln. Die ersten Sonnenstrahlen machen jetzt aber wieder Lust auf Outdoorsport. Aber Wiedereinsteigerinnen sollten nicht gleich energiegeladen 110 Prozent geben. Ing. Dr. Andreas Kranzl leitet das Gang- und Bewegungsanalyselabor im Orthopädischen Spital Speising und weiß, wie aus dem Neustart kein Kaltstart wird. „Egal welche Sportart jemand ausübt, wichtig ist es, langsam zu beginnen, die Einheiten kurz und nicht zu intensiv zu halten. Denn schnelle Leistungssteigerung kann zu Überlastung führen. Schrittweise können die Einheiten dann gesteigert werden.“
Zur Kontrolle empfiehlt er eine Pulsuhr, wobei „eine Herzfrequenz von 140 oder darunter, je nach Trainingszustand, eine grobe Orientierung ist“. Vor dem Neustart essenziell ist ein Ausrüstungscheck: Sind meine Schuhe, Kleidungsstücke und Geräte noch in Ordnung und passen sie mir noch? Auch eine Überprüfung der ausgeübten Technik empfiehlt der Sportwissenschaftler. „Führe ich die Sportart korrekt aus und stimmen die Bewegungsabläufe?“
Ein Grundniveau an Kraft sollte Jede und Jeder in allen Muskelgruppen haben.
Andreas Kranzl
Vor jedem Training sollte ein Aufwärmen stattfinden. Dehnungsübungen können am Beginn, Ende oder als Extraeinheit auf dem Plan stehen. Menschen nach einer mehrmonatigen Pause oder Sporteinsteiger*innen rät Kranzl vorab zu einer internistischen Untersuchung. So wichtig wie das Training selbst sind Erholungspausen von mindestens einem Tag dazwischen. Regelmäßiges Krafttraining ist für die Leistungssteigerung ebenfalls wichtig. „Ein Grundniveau an Kraft sollte jede und jeder in allen Muskelgruppen haben.“ Je nach ausgeübter Sportart ist es sinnvoll, spezielle Muskeln besonders zu trainieren.
Vor dem Start unbedingt die Schuhe überprüfen. „Ein Laufschuh sollte nach 800 bis 1.500 Kilometern ersetzt werden. Auch wenig genutzte ältere Schuhe gehören aussortiert, denn nach einigen Jahren verändert sich der Kunststoff und der Schuh verliert seine positiven Eigenschaften“, weiß Kranzl. Gerade beim Laufen ist es wichtig, dass die Bewegungsabläufe optimiert sind, der Fuß richtig aufgesetzt und abgedrückt wird. Das können Laufbegleiter*innen oder Profis überprüfen. „Wenn Menschen beim Laufen immer wieder Probleme haben, sollte der Laufstil verändert werden.“ Wer nur eine Trainingspause eingelegt hat, kann gleich loslaufen, wenn auch mit niedrigerer Intensität. Neueinsteiger*innen empfiehlt Kranzl die Abwechslung von Geh- und Laufeinheiten. „Wer ein Ziel wie einen Marathon verfolgt, sollte nach einem Plan trainieren und die Leistungsoptimierung immer wieder nachschärfen.“
Vor der ersten Wanderung immer überprüfen, ob ausreichend Schutzkleidung für jedes Wetter eingepackt ist, falls es umschlägt. „Im Gegensatz zu Laufschuhen können Wanderschuhe so lange getragen werden, bis Verschleißerscheinungen auftreten, sofern sie den Fuß noch schützen“, erklärt der Sportwissenschaftler. Der Wiedereinstieg sollte mit leichten, kurzen Touren ohne starke Steigung beginnen. „Sonst kann es zu Überlastungen kommen, etwa in puncto Fuß, Knie oder Hüfte.“ Generell gilt: Wandern mehrere Personen gemeinsam, orientiert sich das Schwierigkeitsniveau immer an den Schwächsten. „Wer Knieprobleme hat oder übergewichtig ist, sollte beim Bergabgehen Stöcke benützen. Diese bringen eine Teilentlastung“, rät Kranzl. Bei rutschigem Untergrund sollten sie auch beim Bergaufgehen verwendet werden.
Ist ein Rad gut eingestellt, muss die Rahmengeometrie vor dem Neustart nicht extra überprüft werden. Die Funktionstüchtigkeit von Bremsen und Licht sollte hingegen kontrolliert werden. Außerdem muss ein Ersatzschlauch eingepackt sein. Die erste Tour nach längerer Zeit ist im Idealfall kurz und wenig anspruchsvoll. „Langes Sitzen auf dem Sattel ist nach längerer Pause oft unangenehm.“ Mountainbiker*innen sollten schwierige Touren anfangs meiden, denn „es braucht Zeit, um wieder Sicherheit im Gelände zu finden“. Zudem sind im Frühjahr Böden oft matschig und rutschig.
Die oberste Regel beim ersten Match nach der Winterpause lautet: „Die eigenen Grenzen kennen und sich nicht von der Gruppendynamik mitreißen lassen.“ Eine gute Vorbereitung mit Laufen oder Radfahren ist wichtig und kräftigt nach längerer Trainingsunterbrechung. Achtung, Wiedereinsteiger*innen übermüden schnell. „Gegen Ende einer Sporteinheit lässt die Reaktionsfähigkeit nach und das Verletzungsrisiko steigt.“
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