Dr.in Karin Kubisova glänzt mit einer ungewöhnlichen Karriere. In der Slowakei war sie als bewaffnete Polizistin auf Streife, dann hochdekorierte Untersuchungsrichterin. Sie erzählt, warum sie jetzt in Österreich als Stationsassistentin arbeitet.
Von Claudio Honsal
Vinzenz magazin: Sie arbeiten seit zwölf Jahren im St. Josef Krankenhaus Wien. Was sind Ihre Aufgaben?
Karin Kubisova: Als Stationsassistentin manage ich die administrativen Aufgaben der Operativen Station 33 und der Tagesklinik, organisiere mit der Stationskoordinatorin und der Bettenplanung die Belegung der Station, betreue die Aufnahmen und Patientenakten und mache die Materialbestellung. Außerdem bin ich für Transporte und viele andere administrative Abwicklungen zuständig.
Ihre Vita liest sich sehr ungewöhnlich. Sie sind promovierte Juristin. Ich habe mir meinen Traum vom Jusstudium an der Universität Bratislava erfüllt und mich dann bei der Polizei als Juristin beworben. Doch dann kam alles ein wenig anders ...
Was passierte?
Nach einer umfassenden Ausbildung zur Polizistin mit Waffentraining, Einsatz auf der Straße und dem Erlangen des Rangs eines Oberstleutnants samt Uniform arbeitete ich zunächst zwölf Jahre als Juristin sowie leitende Untersuchungsrichterin in meiner Heimatstadt Bratislava. Dann kam der Regierungswechsel. In der Slowakei ist es üblich, dass sämtliche wichtigen Ämter neu besetzt werden. Ich bekam die Kündigung. Und da ich das Pensionsalter noch nicht erreicht hatte, stand ich wortwörtlich auf der Straße.
Als hochdekorierte Juristin?
Ja. In der Slowakei ist die Polizei und alle, die für sie arbeiten, nicht sehr hoch angesehen. Man vermutet immer noch die geheime Staatspolizei und Spione dahinter. Selbst als Juristin bekommt man danach keinen Job. Es war in der Tat ein gefährlicher Beruf, den ich ausgeübt hatte.
In welchem Sinne?
Da ich als Untersuchungsrichterin viele Menschen ins Gefängnis gebracht habe, hatte ich ständig Angst um meine Familie. Bedrohungen und Repressionen gegen Polizeibedienstete sind häufig. Im Alltag sieht das so aus: Du kommst im Supermarkt zur Kasse und dort sitzt ausgerechnet ein Mann, den du irgendwann verurteilt hast. Da habe ich den Einkaufswagen sofort meinem Mann übergeben und mich aus dem Staub gemacht.
Wie ging es nach dem Austritt aus der Polizei weiter?
Ich war arbeitslos und nahm zwei Jahre lang alle möglichen Jobs an – bis hin zur Aushilfskraft an einem Buffet. Wir hatten gerade eine neue Wohnung gekauft und die Raten drohten uns zu erdrücken.
Wie kamen Sie nach Wien?
Ich bat meine Schwester um Hilfe. Sie lebte damals schon fast zwanzig Jahre in der österreichischen Bundeshauptstadt und arbeitet seit vielen Jahren für die Vinzenz Gruppe. Sie ist jetzt OP-Managerin im St. Josef Krankenhaus Wien. Ich habe hier als Reinigungskraft begonnen und war dann Abteilungshelferin. Es war schon eine sehr schwere Situation für mich und ich weinte viel. Trotzdem war ich froh, irgendeinen Job zu haben. Seit sieben Jahren bin ich nun Stationsassistentin und glücklich in meinem Lieblingsjob: der Administration.
Wohnen Sie jetzt mit Ihrer Familie in Wien?
In Wien und Bratislava. Meine Tochter lebt in der Slowakei. Also pendeln ich und mein Mann – er arbeitet im Krankenhaus als Elektrotechniker – am Freitag hin und am Sonntag zurück nach Wien. Man könnte sagen, wir sind nirgendwo zuhause. Aber beruflich ist das St. Josef Krankenhaus meine neue Heimat. Dafür bin ich sehr dankbar und glücklich, dass ich so viele tolle und nette Kolleginnen habe. Auch wenn man mich hier manchmal noch scherzhaft als „die Polizistin“ bezeichnet.
Dr.in Karin Kubisova wurde 1971 in Bratislava geboren. Nach der Matura erfüllte sie sich den Traum vom Studium der Rechtswissenschaften an der Uni Bratislava. Anschließend arbeitete sie bei der Polizei als Juristin, absolvierte eine verpflichtende Ausbildung zur Polizistin und kletterte zwölf Jahre lang die Karriereleiter hoch: bis zur Untersuchungsrichterin in leitender Position. Ein Regierungswechsel bescherte der Juristin die Kündigung und machte sie arbeitslos. Nach mehreren Jobs in Bratislava machte sich die verheiratete Mutter einer 30-jährigen Tochter zur Arbeitssuche auf den Weg nach Wien. Seit zwölf Jahren arbeitet sie nun für die Vinzenz Gruppe: Als Stationsassistentin leitet sie nun administrative Aufgaben der Operativen Station 33 im St. Josef Krankenhaus Wien.